Morbus Menière

Der französische Arzt Prosper Menière hat 1861 die nach ihm benannte Erkrankung erstmals als Symptomtrias von anfallsartigem Ohrensausen, anfallsartiger Schwerhörigkeit und anfallsartigem Schwindel beschrieben. Häufig ist die Schwerhörigkeit mit einer Diplakusis verbunden, d. h. die Töne werden im kranken Ohr höher empfunden. Die Schwindelanfälle dauern Minuten bis Stunden und können sich in regelmässigen Abständen von Tagen, Wochen oder Monaten wiederholen. In 90% der Fälle tritt die Erkrankung einseitig auf, in 10% beidseitig.

Als Ursache wird ein Hydrops im Endolymphschlauch des Innenohrs vermutet. Dadurch kann es zu einer Ruptur der Reissner-Membran oder einer Permeabilitätsstörung der Perilymph-Endolymph-Schranke kommen, wodurch sich die Perilymphe mit der kaliumreichen Endolymphe vermischt. Man nimmt an, dass durch das Kalium die Hör- und Gleichgewichtszellen (Haarzellen und Dendriten) geschädigt werden.

Im akuten Stadium ist Bettruhe notwendig. Symptomatisch werden gegen den Schwindel Medikamente wie Dimenhydrinat oder Meclozin gegeben. Danach erfolgt eine Durchblutungsförderung, zur Hydropsbeeinflussung eine Natriumreduktion durch salzarme Kost. Zur Nachbehandlung wird Betahistidin gegeben; auch Gingko biloba-Extrakte sind sinnvoll.

Als Prophylaxe gegen weitere Anfälle haben sich folgende Massnahmen bewährt: Vermeiden psychischer Belastungssituationen; Vermeiden von Nikotin, Einschränken von Kaffee und Alkohol, salzarme Kost.

Im akuten Stadium kann kein Fahrzeug geführt werden. Bei rezidivierenden Fällen ist die Fahrtauglichkeit eingeschränkt. In schweren Fällen müssen operative Massnahmen diskutiert werden.

Die Menièresche Erkrankung kann mit Angst einhergehen. Man kann das Gefühl entwickeln, dass einem «der Boden unter den Füssen weggezogen» wurde. Die Erkrankung kann dann schwer zu fassen, unbegreiflich werden. Nicht nur der Körper, sondern auch die Seele kann aus dem Gleichgewicht geraten. Dann und bei mittelschwerem bis schwerem Tinnitusleiden ist eine Psychotherapie indiziert.