September 2023

Die Tagesstätte Arche Nova betreut Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.

Hanny hält sich vor Aufregung die Hände vor den Mund und kichert in sich hinein. «Luag amol, das isch denn cool cho!» Stolz zeigt sie auf die Leinwand, die in einer Farbwanne vor ihr auf dem Tisch liegt. Darauf mischen sich blaue, rote und gelbe Acryl-Farben zu einem fliessenden Kunstwerk.

Die Klientin der Arche Nova in Landquart ist eine Meisterin des «Pouring», einer einfachen Fliesstechnik mit faszinierenden Effekten. Dabei mischt sie mehrere Farben in einem Becher zusammen, stürzt diesen auf die Leinwand und verteilt die zähflüssige Masse mit Fingerspitzengefühl auf der ganzen Fläche.

Jeder Handgriff sitzt, der Ablauf wirkt routiniert – und doch kommt jedes Mal aufs Neue grosse Begeisterung auf: Hannys Augen strahlen, die Vorfreude auf das fertige Kunstwerk ist ihr anzusehen.

Seit mehreren Jahren besucht Hanny das Heimzentrum mit integrierter Tagesstätte. Es bietet erwachsenen Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung kreative Beschäftigung an.

Zweimal in der Woche darf Hanny in den Malraum, dort blüht die Klientin sichtbar auf: Sie liebt es, sich in die Farben, Formen und Materialien zu vertiefen. Damit die Leinwand des heutigen Pouring-Kunstwerkes lückenlos mit Farben bedeckt ist, weist Hanny ihre Betreuerin an, welche Kanten sie mit dem Holzspatel nachfahren soll. Bald sind beide zufrieden – so darf es bleiben.

Vielleicht wird das Bild schon bald im Gang der Tagesstätte hängen, der mit den Werken der Klientinnen und Klienten regelmässig neu dekoriert wird. Der Gang führt vom Haupteingang der Arche Nova am Gemeinschaftsraum vorbei zu den Beschäftigungsräumen des Hauses: Eine kleine Holzwerkstatt, ein Zimmer mit Regalen voller Steckperlen und Bastelmaterial sowie der Mal- und Kunstraum.

Das kleine, lichtgeflutete Atelier steckt voller Kreativität. Eine ganze Wandseite dient als Hintergrund für grossflächige Bilder. Gegenüber lehnen fertige Kunstwerke in der Ecke, die gerade von einer Ausstellung im Dorfzentrum zurückgekommen sind. In der Mitte lädt ein grosser Tisch zum Zeichnen und Malen ein.

Abwechslung macht den Alltag bunt

Hier sitzt Stefano. Pouring ist nicht so sein Ding, er hat sich heute für eine Filzstift-Zeichnung entschieden. Er kann sich selbst gut beschäftigen, nur hin und wieder motiviert ihn die Betreuerin, die Farbe zu wechseln oder etwas Neues auszuprobieren. Auch wenn sie weiss, dass sich Stefano am liebsten mit Steckperlen beschäftigt, bringt sie gezielt etwas Abwechslung in sein Schaffen.

Wie Hanny und Stefano kommen die meisten Klientinnen und Klienten der Arche Nova schon seit vielen Jahren in die Tagesstätte, oft mehrere Tage in der Woche. Derzeit nutzen 29 Menschen dieses Angebot. In den angegliederten Wohngruppen in Landquart, Igis und Untervaz finden zudem 27 Bewohnerinnen und Bewohner einen attraktiven Lebensraum. Viele von ihnen werden morgens mit einem internen Bus oder mit einem Sammeltaxi gebracht und gegen 16 Uhr wieder nach Hause gefahren. Vormittags und nachmittags werden sie in Kleingruppen zu maximal 5 Personen eingeteilt, dazwischen machen sie gemeinsam Mittagspause.

Die kreative Beschäftigung schenkt den Menschen eine feste Struktur, die auch innerlich Halt gibt. Durch die Kleingruppen entsteht ein persönlicher Freiraum, den sie mit Freude und Sinnhaftigkeit füllen.

Dabei bleibt viel Platz für individuelle Bedürfnisse. Denn: «Jeder Mensch hat Talente und Fähigkeiten», weiss Heimleiter Ralph Lang. «Diese wollen wir erhalten, stärken und wenn möglich auch fördern.»

Auch Talente brauchen Pausen – mittlerweile sitzt Hanny auf der sonnigen Terrasse vor dem Malraum. Sie blickt zufrieden in die Ferne. Heute hat alles wie am Schnürchen geklappt. Und sie hat auch schon eine Idee für das nächste Gemälde: «Es wird grün. Meine Lieblingsfarbe. Grün ist die Hoffnung.»

Weitere Informationen zum Heimzentrum Arche Nova in Landquart